Fahrradförderung
Das Fahrrad gilt als kostengünstiges und emissionsfreies Verkehrsmittel. In vielen Betrieben wird dieses Verkehrsmittel trotz seiner zahlreichen Vorteile (Klimaschutz, Gesundheitsförderung, Mitarbeitermotivation, Kosteneinsparungen) noch kaum genutzt. Im Rahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements ist die Förderung der Fahrradnutzung daher ein zentraler Ansatz, für die Gestaltung von Arbeits-, zunehmend aber auch von Dienstwegen. Die Hälfte aller Autofahrten ist kürzer als sechs Kilometer. Hier stellt das Fahrrad eine gute Alternative dar. Für längere Entfernungen und bei schwieriger Topografie bieten sich elektrisch unterstützte Fahrräder (Pedelecs, E-Bikes) als Alternative an. Fahrräder - und hier besonders Faltfahrräder - können aber auch dazu dienen, in Kombination mit der Bahn die erste oder letzte Meile auf dem Weg zum bzw. vom Bahnhof zum Ziel zu überbrücken. Daher sind Betriebe gut beraten, die Vorteile einer Förderung des Radfahrens zu nutzen.
Fahren mehr Mitarbeiter als bisher mit dem Fahrrad zur Arbeit und halten sich durch diese Art der Bewegung fit und gesund, reduziert dies die Ausfallzeiten im Unternehmen. Eine Studie des Niederländischen Verkehrsministeriums hat empirisch nachgewiesen, dass radfahrende Mitarbeiter im Schnitt etwa einen Tag pro Jahr weniger krank sind als Pkw-Pendler [1] . Dieser Befund wurde 2014 durch eine Befragung von über 2.300 Berufstätigen in Deutschland gestützt [2] . Da jeder Ausfalltag eines Mitarbeiters den Betrieb etwa zwischen 200 und 350 Euro kostet, machen sich fittere Mitarbeiter schnell bezahlt – und sind obendrein leistungsfähiger und motivierter.
Mobilität lässt sich per Fahrrad besonders kostengünstig wahrnehmen. Die Mitarbeiter können Fahrräder für kurze Besorgungs- oder Geschäftsfahrten nutzen - das spart Auto- oder Taxikosten ein. Große Kosteneinsparpotenziale ergeben sich auch aus dem geringeren Platzbedarf eines Fahrrads. Wo ein Auto abgestellt wird, hätten durchaus sechs bis acht Fahrräder Platz. Bei einem knappen Flächenangebot auf dem Betriebsgrundstück oder bei Erweiterungsvorhaben kann es aus wirtschaftlicher Perspektive vorteilhaft sein, wenn anstelle neuer Pkw-Stellplätze in die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel investiert wird.
Auch die betriebliche Klimabilanz wird bei der Fahrradnutzung deutlich verbessert. Durch 5.000 Fahrradkilometer pro Jahr werden bis zu 400 Liter Diesel, 500 € und eine Tonne CO2 eingespart. Großer Beliebtheit erfreut sich bei Beschäftigten, wenn der Arbeitgeber die kostengünstige Bereitstellung von personenindividuellen Fahrrädern via Leasing, ggf. auch mit Gehaltsumwandlung ermöglicht und ggf. auch bezuschusst. So trägt dieser Service auch zur Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber bei.
Inhaltsverzeichnis
Maßnahmen(bündel)
In der betrieblichen Praxis hat es sich als hilfreich herausgestellt, wenn die Förderung der Fahrradnutzung organisatorisch unterstützt wird. Mit einem Grundsatzbeschluss verdeutlicht die Geschäftsführung die Bedeutung des Themas. Von zentraler Bedeutung sind ein Ansprechpartner/Fahrradbeauftragter und/oder eine Arbeitsgruppe für alle Fragen rund um das Fahrrad. Dann können Maßnahmen beispielsweise in folgenden Bereichen umgesetzt werden:
Infrastruktur für das Fahrradfahren
Firmenfahrräder sollten bedarfsgerecht in den Fuhrpark aufgenommen werden. Empfehlenswert sind Elektrofahrräder, Faltfahrräder (die leicht auch in Bus/Bahn mitgenommen werden können) und ggf. Lastenfahrräder, mit denen kleinere Transporte bewältigt werden können. Alternativ kann den Mitarbeitern die kostengünstige Nutzung eines individuellen Fahrrads (zum Beispiel nach dem Konzept des Dienstradleasings) ermöglicht werden. Ende November 2012 wurde die steuerliche Handhabung eines Firmenfahrrads derjenigen von Firmenwagen angepasst. Vom Arbeitgeber bereitgestellte und auch privat - z. B. für den Arbeitsweg - nutzbare Firmenfahrräder können nun mit ein Prozent versteuert werden [3] . Komfortable, überdachte und vor allem diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind zudem wichtige Bausteine einer fahrradgerechten Infrastruktur. Zudem sollten angesichts der zunehmenden Beliebtheit von Elektrofahrrädern Lademöglichkeiten angeboten werden. Das kostenlose Laden von Elektrofahrrädern stellt übrigens keinen geldwerten Vorteil dar, ist also steuerrechtlich irrelevant. [4][5] Zusätzlich sind Duschen, Spinde und Umkleideräume, aber auch Reparaturstationen (oder zumindest Pannensets und Luftpumpe) hilfreiche und leicht realisierbare Angebote für Radfahrer.
Anreize zum Radfahren
Wettbewerbe und andere (finanzielle) Anreize können Mitarbeiter zum Aufsatteln motivieren, z. B. die Aktion " Mit dem Rad zur Arbeit " [1] oder auch " Stadtradeln" [2]. Dabei sollten der Fahrspaß sowie der Bezug zum Thema Gesundheit im Mittelpunkt stehen. Wichtig ist zudem, den Beschäftigten die Fahrradnutzung nahe zu bringen und Möglichkeiten zum Ausprobieren zu schaffen. Dies kann z. B. an einem Fahrradaktionstag geschehen, an dem verschiedene (Elektro)Fahrräder präsentiert und Probe gefahren werden können. Ergänzend sind ein Fahrradreparaturservice und eine Fahrradcodierung willkommener Teil eines Aktionstags, der zum Beispiel in Kooperation mit einem örtlichen Radhändler und dem ADFC durchgeführt werden kann [3]. Auch die wechselnde probeweise Überlassung von E-Bikes für einige Wochen hilft, dem Mitarbeiter die Alltagstauglichkeit zu prüfen. Studien haben gezeigt, dass sich nach der Praxistestphase der überwiegende Teil der Testpersonen für die Anschaffung bzw. regelmäßige Nutzung entschließt. [6]
Kommunikation
Die Möglichkeiten der Fahrradnutzung sollten umfassend kommuniziert werden, dauerhaft z. B. auf der Intranet-Seite oder in einem Faltblatt. Sehr hilfreich ist es, neuen Mitarbeitern ein Infopaket auszuhändigen, das z. B. auch eine Radwegkarte und/oder eine Sicherheitsweste beinhaltet. Das Aufhängen einer Fahrradwegekarte, auf der Raderfahrene Kollegen ihre bevorzugte Fahrradroute zum Betrieb markieren, hilft anderen sehr, geeignete Routen für den Arbeitsweg zu finden. Das Startup "bike citizens" [4] hat sich mit ihrer Routing-App zur Aufgabe gemacht, für verschiedene Städte und Regionen die Wegerfahrungen der jeweiligen örtlichen Radcommunity einfließen zu lassen.
Tipps und Hinweise
Die Einführung von Fahrradleasing per Gehaltsumwandlung kann in bestimmten Fällen an Grenzen stoßen, z. B. bei öffentlichen Arbeitgebern oder wenn tarifrechtliche Regelungen dem entgegenstehen. Über- oder außertarifliche Gehaltsbestandteile können hierfür jedoch eingesetzt werden. Sofern ein Dienstradleasing nicht realisierbar ist, kann der Arbeitgeber den Beschäftigten Zuschüsse und Darlehen zum Fahrradkauf gewähren oder eigene Firmenfahrräder anschaffen, die den Mitarbeitern zur Nutzung überlassen werden. Die Versteuerung erfolgt dann über die 1-Prozent-Regelung. Wenn Führungskräfte selbst mit dem Rad zur Arbeit kommen und mit gutem Beispiel vorangehen, sendet dies ein positives Signal an die Belegschaft.
Für Mitarbeiter, die Teilstrecken des Arbeitswegs mit der Bahn fahren, sind diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten am jeweiligen Bahnhof wichtig. Solche können an vielen Bahnhöfen in Fahrradstationen und Fahrradboxen angemietet werden [5].
Wer ein umfassendes Konzept zur Fahrradförderung entwickeln und umsetzen möchte kann sich von spezialisierten Beratern unterstützen lassen. Zertifizierungen als fahrradfreundlicher Betrieb, wie sie der ADFC [6] oder B.A.U.M. [7] anbieten, geben Hilfestellung bei der Bewertung von Maßnahmen.
Praxisbeispiele
Die Druckerei Lokay aus Reinheim hat jedem Mitarbeiter ein individuelles Fahrrad bereitgestellt, wenn sich dieser im Gegenzug verpflichtet, mindestens 50 Tage im Jahr mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Die Hälfte der Belegschaft hat dieses Angebot gerne angenommen. Gleichzeitig macht der Mitarbeiter mit dem als "Lokay Klimarad " gebrandetem Fahrrad Werbung für das Unternehmen.In einem Kurzfilm wird das Konzept von Lokay dargestellt [8].
Die UmweltBank in Nürnberg verbindet die Fahrradförderung mit einer Spendenaktion. Jedes Jahr in den Monaten von April bis September nehmen die Mitarbeiter an dem firmeninternen Wettbewerb " Banker on Bike" teil. Die UmweltBank vergütet jeden gefahrenen oder zu Fuß zurückgelegten Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz mit einem Euro. Die Spendensumme wird dann für ein von den Mitarbeitern ausgewähltes Sozial- oder Umweltprojekt gespendet ["Banker on Bike"]
Der Spezialversicherer WERTGARANTIE nimmt regelmäßig an Fahrrad-Aktionen und fördert u.a. mit einem Fahrrad-Leasing-Angebot, Regenbekleidung zum Ausleihen sowie einer firmeneigenen Fahrrad-Werkstatt den sportlichen Einsatz beim Weg zur Arbeit.
Mehr Informationnen zu den oben genannten Praxisbeispielen in der Broschüre "mobil gewinnt".
Über 100 weitere Praxisbeispiele fahrradfreundlicher Arbeitgeber sind im Internet dokumentiert [9].
Weitere Hilfestellungen
Links:
- Fahrrad-Fit: Informationen und Praxishilfen sowie über 100 Praxisbeispiele zu Fahr-radförderung im Betrieb [10]
- Informationen zu Lastenrädern: Testprogramm „Ich entlaste Städte“ [11]
- ADFC: Umfangreiche Hinweise zu empfehlenswerten Fahrradabstellanlagen [12]
Ansprechpartner:
- Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (ADFC) [15]
- VCD Verkehrsclub Deutschland e.V. [16]
- Verbund Service und Fahrrad e.V. [17]
- Fahrradrouting und Förderung mit Bonuspaketen für Betriebe [18]
Einzelnachweise
- ↑ Ministerie van Verkeer en Waterstaat, Forschungsinstitut TNO, TNO-Studie: Regelmatig fietsen naar het werk leidt tot lager ziekteverzuim, 2009
- ↑ Studie "Mobilität & Gesundheit" von Juliane Kemen in Zusammenarbeit mit EcoLibro, 2015
- ↑ nwb Datenbank Steuerliche Behandlung der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern
- ↑ Bundesministerium der Finanzen, Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr, Stand 16.11.2016
- ↑ Bundesministerium der Finanzen, Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr; Anwendung der einkommensteuerlichen und lohnsteuerlichen Vorschriften BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2016,
- ↑ Czowalla, L. (2015); Ebike-Pendeln. Wissenschaftliche Begleitforschung - Auswahl vorläufiger Endergebnisse, Institut für Transportation Design (ITD), Hochschule für Bildende Künste Braunschweig