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Der Erfolg eines betrieblichen Mobilitätsmanagementsystems hängt wesentlich davon ab, wie die Mitarbeiter eingebunden werden. Im Change Management werden dafür zwei Wege unterschieden: | Der Erfolg eines betrieblichen Mobilitätsmanagementsystems hängt wesentlich davon ab, wie die Mitarbeiter eingebunden werden. Im Change Management werden dafür zwei Wege unterschieden: |
Version vom 8. Dezember 2020, 11:24 Uhr
Interne Kommunikation zur Gestaltung von Veränderungsprozessen für ein gelingendes BMM
Den Veränderungsprozess anstoßen
Der Erfolg eines betrieblichen Mobilitätsmanagementsystems hängt wesentlich davon ab, wie die Mitarbeiter eingebunden werden. Im Change Management werden dafür zwei Wege unterschieden: Im Top-Down-Ansatz sind die Führungskräfte Initiator der Veränderung. Sie erklären Anlass, Vision, Ziele und Rahmenbedingungen des Veränderungsprozesses. Die Mitarbeiter erhalten in diesem Ansatz nur geringe Möglichkeiten der Beteiligung. Im Bottom-Up-Ansatz werden Ziele und Rahmenbedingungen von den Führungskräften definiert. In diesem Rahmen haben Mitarbeiter weitreichende Möglichkeiten der Ausgestaltung und Anpassung von Maßnahmen an ihren Arbeitsbereich.
Idealerweise werden beide Ansätze miteinander kombiniert. Je nach Veränderungsbereich, Betroffenheit und Phase des Veränderungsprozesses verändert sich dabei die Gewichtung. Beim Start in ein betriebliches Mobilitätsmanagement werden in der Praxis meistens Elemente des Bottom-Up-Ansatzes angewendet. Zum einen können strenge Vorgaben der Geschäftsleitung nur in Teilen des Mobilitätsmanagements (z. B. Vorgaben für Reisetätigkeiten siehe Dienst- und Geschäftsreisen oder zur Nutzung von betrieblichen Pkw siehe Green Car Policy) stringent begründet werden. Zum anderen zeigen die bisherigen Projekte im Mobilitätsmanagement, dass sich viele Mitarbeiter gerne bei Mobilitätsfragen einbinden lassen. Häufig kommt sogar der Impuls zur Einführung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements aus der Belegschaft oder deren Vertretung (Betriebs- und Personalräte).
Viele Betriebe nutzen zudem das betriebliche Mobilitätsmanagement im Rahmen einer Strategie zur Sicherung und Gewinnung von Fachkräften. Die aktive Einbindung der Belegschaft in den Aufbau des Mobilitätsmanagements erscheint vor diesem Hintergrund nicht nur notwendig, sondern bietet dem Betrieb erhebliche Chancen zur Mitarbeitermotivation. Im Change Management wird häufig in Stufen der Mitarbeitereinbindung unterschieden:
- Informieren: Mitarbeiterinformationen z. B. über Angebote und Maßnahmen des Mobilitätsmanagements (z. B. per E-Mail, Infotafeln, Intranet, Gehaltsabrechnung),
- Motivieren: Mitarbeiter konkret ansprechen und zu bestimmten Verhaltensänderungen (z. B. Umstieg auf das Fahrrad) anregen (z. B. durch gezielte Anreize),
- Anwenden: Mitarbeiter befähigen, bestimmte Veränderungsschritte zu unternehmen (z. B. durch die Einweisung in die Nutzung eines neuen Elektroautos oder durch Schulungen zur Nutzung des Corporate Car-Sharing),
- Beraten: Mitarbeiter bei wichtigen Entscheidungsschritten einbinden (z. B. im Rahmen von Befragungen, Workshops o. ä.),
- Entwickeln: Mitarbeitern bei der Ausgestaltung von Teilaufgaben oder Einzelmaßnahmen freie Hand lassen (z. B. bei der Durchführung eines Aktionstages für nachhaltige Mobilität).
In der Praxis kommt es darauf an, für jeden Entwicklungsschritt des Mobilitätsmanagements und für verschiedene Personenkreise im Betrieb den jeweils geeigneten Grad der Einbindung zu finden.
Inhaltsverzeichnis
Maßnahmen(bündel)
Analyse des Bedarfs
Die Analyse der Mobilität der Beschäftigten bei Arbeitswegen, Dienst- und Geschäftsreisen gehört zu den Grundlagen eines jeden Mobilitätskonzeptes (s. auch Analysen). Ein zentrales Element der Bedarfsanalyse ist die Mitarbeiterbefragung. Mit dieser werden die Beschäftigten zunächst einmal über das Vorhaben informiert. Zudem werden sie meist erstmalig beratend eingebunden. Manche Betriebe nutzen die Befragung auch dazu, auf vorhandene Mobilitätsangebote aufmerksam zu machen und für deren Nutzung zu motivieren.
Weitere Möglichkeiten der Bedarfsanalyse sind
- Wohnstandort- und Erreichbarkeitsanalysen,
- Analyse der Dienst- und Geschäftsreisen,
- Befragungen und Workshops.
Informationskanäle
Die am häufigsten genutzten Informationskanäle im Mobilitätsmanagement sind die Versendung von Tipps und Hinweisen per E-Mail und Informationsangebot im Intranet. In produzierenden Betrieben ist nach wie vor das "Schwarze Brett" der beste Ort, um die Mitarbeiter, die keinen Zugang zu einem PC haben, auf bestimmte Angebote und Informationen hinzuweisen.
In vielen Betrieben werden mittlerweile elektronische Infotafeln z. B. im Eingangsbereich des Unternehmens genutzt, um Mitarbeiter, aber auch Kunden, auf die Mobilitätsangebote des Unternehmens aufmerksam zu machen (z. B. Fahrplan des ÖPNV). Auch Tischaufsteller zum Beispiel in der Kantine über die Mitfahrbörse helfen, das Gesprächsthema auf den Tisch zu bringen. First Mover unter den Mitarbeitern können als Botschafter das Schneeballsystem anwenden und in ihren jeweiligen Abteilungen unter den Kollegen wirken, in dem sie als Vorbild und als thematischer Ansprechpartner laufend für die Kollegen da sind.
Anreize
Die Veränderungsbereitschaft der meisten Menschen ist gering. Daher sind oft nur wenige bereit, neue Mobilitätsformen auszuprobieren oder auf den Umweltverbund umzusteigen. Mit guten Informationen und gezielten Anreizen können Mitarbeiter jedoch zum Umdenken und Mitmachen motiviert werden. Beispiele aus der betrieblichen Praxis sind:
- Belohnungen für Fahrgemeinschaften z. B. durch das Bereitstellen von reservierten Parkplätzen im Eingangsbereich bzw. in bevorzugter Lage,
- Durchführung von Wettbewerben und Lotterien, mit denen der Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel honoriert wird,
- Angebot von Radfahrer- und/oder Fahrgemeinschafts-Cafes, die ebenfalls als Belohnung wirken, aber auch den Erfahrungsaustausch der Kollegen befördern,
- Kombination des Betriebsrad-Leasings mit Serviceleistungen des Betriebs (Bezuschussung der Versicherung, Aktionstag im Frühjahr, Wartung und Reparatur).
Tipps und Hinweise
- Das Verhalten der Führungskräfte hat großen Einfluss auf das Verhalten der Beschäftigten. Ist der Geschäftsführer ein passionierter Fahrradfahrer, wird es deutlich leichter fallen, Mitarbeiter zum Umstieg aufs Fahrrad zu überzeugen. Natürlich wird es nicht möglich sein, alle Geschäftsführer zu Fahrradfahrern zu machen. Es sollte aber mit den Führungskräften besprochen werden, in welcher Weise sie eine Vorbildfunktion übernehmen (z. B. Nutzung der Bahn statt des Flugzeugs, Fahrradfahren, privates Elektroauto usw.).
- Die Informationsflut nimmt auch in Betrieben zu, E-Mails werden von vielen Beschäftigten nicht mehr richtig wahrgenommen. Einige Betriebe versenden deshalb wichtige Informationen mit der Gehaltsabrechnung. Damit wird dem Beschäftigten signalisiert, dass es sich hier um ein Anliegen handelt, das der Geschäftsleitung besonders wichtig ist.
- Durch die Teilnahme an Projekten oder Zertifizierungen, kann die Dynamik des Veränderungsprozesses erheblich gesteigert werden. Wenn alle gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten steigert dies die Motivation und Einsatzbereitschaft.
Praxisbeispiele
- Die UmweltBank motiviert ihre Mitarbeiter mit der jährlichen Aktion "Banker on Bike", das Fahrrad als Verkehrsmittel zur Arbeit zu wählen. Für jeden zwischen Wohnort und Arbeitsplatz geradelten Kilometer spendet die UmweltBank einen Euro für ökologische und soziale Projekte. Die Mitarbeiter schlagen selbst Projekte vor und stimmen darüber ab, an welche Organisationen die finanzielle Unterstützung fließt. Im Jahr 2017 radelten die "Banker on Bike" bereits zum 16. Mal und legten rund 32.000 Kilometer zurück, was gemäß ADFC-Rechner im Internet einer CO2-Einsparung von 5.869 Kilogramm entspricht. Drei ausgewählte Projekte erhielten jeweils einen Teil der auf 35.000 Euro aufgerundeten Spendensumme. Für kürzere Dienststrecken oder private Fahrten wurden außerdem Bambus-Dienstfahrräder angeschafft.
- Das Dienstleistungsunternehmen PRIOR1 hat in St. Augustin bei Bonn etwa 50 Mitarbeiter. Diese legen jährlich circa eine Million Kilometer auf Dienstreisen innerhalb Deutschlands zurück – überwiegend mit Dienstwagen. Die hierdurch verursachten CO2-Emissionen werden bereits vollständig kompensiert. Um dem Grundsatz "Vermeiden vor Kompensieren" gerecht zu werden, wurden weitere Maßnahmen zur Senkung der Emissionen entwickelt. So beinhaltet das aktuelle Mobilitätskonzept u. a. anderem ein Anreizsystem zum freiwilligen Verzicht auf einen eigenen Dienstwagen und stattdessen der Nutzung einer Bahncard 100 1. Klasse. Es wurde ermittelt, dass dadurch deutliche Ersparnisse für das Unternehmen entstehen. Die eingesparten Kosten werden dem Mitarbeiter zu 50 Prozent als zusätzlicher Gehaltsbestandteil ausgezahlt. Ferner wurde für Mitarbeiter, die nicht vollständig auf ihren Firmenwagen verzichten wollen bzw. können, ein Anreiz zur Nutzung der Bahn geschaffen, indem Prämien je nach jährlich mit der Bahn zurückgelegten Kilometern ausgezahlt werden.
- Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hat für ihr betriebliches Mobilitätsmanagement eine Reihe von Angeboten entwickelt. Um sicherzustellen, dass die Beschäftigten über verschiedene Kanäle entsprechend informiert werden, wurde eine Mobilitätskoordinatorin eingesetzt. Zur Einführung des Job-Tickets wurden für alle Beschäftigten Informationstage inkl. persönlicher Beratung durchgeführt. Und im Intranet ist eine Rubrik "betriebliches Mobilitätsmanagement" eingerichtet, in der alle Informationen zur Beantragung des Job-Tickets zu finden sind. Ein eigens entwickelter Fahrtkostenrechner ermöglicht den Beschäftigten eine vergleichende Berechnung, wie viel die Fahrt zur Arbeit mit dem Pkw bzw. mit dem Job-Ticket kostet.
Mehr Informationnen zu den oben genannten Praxisbeispielen in der Broschüre "mobil gewinnt".
- Im Rahmen des Projektes "Mitarbeiter-Motivation zu Nachhaltigkeit (MiMoNa)" wurden zahlreiche betriebliche Beispiele zusammen getragen, mit denen die Mitarbeitermotivation gesteigert werden kann. Allein im Themenbereich "Mobilität" sind dort 50 Beispiele aus der Praxis erläutert [1].
Weitere Hilfestellungen
Links
Zahlreiche Praxisbeispiele zur Mitarbeitermotivation in Nachhaltigkeitsprojekten finden sich auf der Projektseite MiMoNa [2].
Quellen
In der Literatur des Change Management gibt es zahlreiche Handbücher, teilweise mit sehr konkreten Methodenbeschreibungen, z. B.
- Rohm, A. (Hrsg.) (2015, 6. Auflage): Change-Tools. Erfahrene Prozessberater präsentieren wirksame Workshop-Interventionen, managerSeminare Verlag, Bonn
- Deutinger, G. (2013): Kommunikation im Change. Erfolgreich kommunizieren in Veränderungsprozessen. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden