BMM als Business Case

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Kommunale Unternehmen können beim Vernetzen oder Teilen (Sharing) unterschiedliche Rollen einnehmen. Als grundsätzliche Herausforderung ergibt sich:

  • Einige denkbare und zweifelsohne nützliche Services sind nicht rentabel. Dazu gehören Beratungs- und Fortbildungsleistungen für Betriebe. In kleineren Gebietskörperschaften ergibt sich keine ausreichende Nachfrage, um diese Leistung permanent vorzuhalten, wird also eher durch externe Berater bedarfsweise hinzugezogen .
  • Die Zahlungsbereitschaft beschränkt sich bei Betrieben häufig „harte Leistungen“ z.B. die Lieferung von Infrastruktur oder Mobilitätsdienstleistungen. Die notwendigen begleitenden aufwände wie Analyse, Konzeption und Einführungskommunikation müssen „mitverkauft werden“.
  • Einige Services amortisieren sich erst zeitverzögert. Sharing-Dienste z.B. benötigen eine Anlaufzeit bis deren Nutzung in die Mobilitätsroutinen der Zielgruppen ihren Platz gefunden hat. Bis dahin benötigt der Anbieter einen langen Atem und den politischen Rückhalt in der Kommune


Stadtwerke als Berater

Aus dem „Selbstversuch“, Mobilitätsmanagement im eigenen Hause umzusetzen, lernen zahlreiche Stadtwerke aktuell „wie es geht“. Daraus können die Stadtwerke – auch wenn sie nicht Träger des ÖPNV sind – Erstberatung für lokale Betriebe anbieten, selbst durchführen oder geeignete Berater vermitteln. Einige Stadtwerke möchten noch niederschwelliger die interessierten Betriebe mit einem Online-Selbst-Check an die Thematik heranführen und damit aufzeigen, in welchen Handlungsfeldern (Fuhrpark, Elektrifizierung, Pedelec, ÖPNV) der jeweilige Betrieb Veränderungsbedarf, bzw. -potenzial hat. Die Motivation, hier als Stadtwerk aktiv zu werden, liegt weniger im Business Case der Beratung selbst, sondern in der Profilierung (Image) und Kundenpflege, bzw. Zugang zu potenziellen Kunden für weitere Services (Energielieferung, Ladeinfrastruktur Errichtung etc.). Teilweise bestehen auch seitens der Kommune entsprechende Erwartungen an „ihr“ Stadtwerk. Aufgrund des hohen Kommunikationsaufwandes zur Aufklärung und Überzeugung und der vielseitigen Erwartungen (B2C, B2B) sind die Rollen zwischen Kommune mit allgemeinen strategischen Aufgaben und Gestaltung der Infrastruktur (Stichwort Daseinsvorsorge) und operativen Umsetzungen (Mobilitätsdienste, Plattformbetrieb etc.) durch ihre kommunalen Betriebe deutlich zu klären.

Folgende Nutzenaspekte ergeben sich beispielsweise aus der Entwicklung von Sharing-Angeboten:

  • Kundenbindung
  • Cross-Selling
  • Strom kommt von den Stadtwerken, nicht vom Autohersteller (z.B. Elli)
  • Beitrag zur Vermeidung teuren Netzausbaus an kritischen Punkten
  • Stärkung der Attraktivität des ÖPNV.


Kommunaler Betrieb als diversifizierter Mobilitätsdienstleister

Jenseits des klassischen ÖPNV-Geschäftes dreht es sich um die Vermittlung unterschiedlicher bedarfsgerechter Mobilitätsangebote zur Vervollständigung und Attraktivierung des öffentlich zugänglichen Mobili-tätsangebotes in der Kommune für Nutzende (B2C). Sharingdienste (PKW, E-Scooter, Roller, Pedelecs, und Fahrräder) spielen in den Geschäftsmodellen eine zentrale Rolle.

Die Leistungstiefe kann graduell so abgestuft werden:

  • Informationsplattform integriert alle öffentlich zugänglichen Mobilitätsangebote der Stadt.

Die Aufgabe der kommunalen Betriebe beschränkt sich hier auf die Information über das vorhandene Angebot (Dritter)

  • Routing und Entscheidungshilfe-Tool

Basierend auf den Mobilitätsangeboten können für Suchanfragen (Besucher von Veranstaltungen, POIs, Arbeitsstätten) Wegeketten ermittelt und verglichen aufbereitet werden und automatisch adressiert werden (s. Bsp. CleverRoute)

  • Buchungsplattform für Sharing-Angebote

Über die Plattformen eines kommunalen Betriebes können lokale Mobilitätsdienste insb. Sharing-Angebote abgewickelt werden. Hier besteht eine große Herausforderung sowohl eigene Angebote (ÖPNV und Sharing-Fahrzeuge) als auch dritte (z.B. kommerzielle E-Bike oder E-Roller-Anbieter) über EINE APP nutzen zu können (Stichwort Kundenschnittstelle und Interoperabilität). Der eigene Betrieb von Sharing-Diensten ist mit hohen Investitionsrisiken und langen Anlaufzeiten verbunden. Nutzende müssen sich an die neuen Optionen gewöhnen und diese in ihre Alltagsmobilität einbinden. Es müssen die richtigen Fahrzeuge zur richtigen Zeit am richtigen Platz sein. Bedarfsanalysen vorab, zeigen dabei nur die halbe Wahrheit, weil sich erst durch das Ausprobieren die Veränderungsbereitschaft, Alltagstauglichkeit und Akzeptanz erweist. Um potenzielle Nutzergruppen identifizieren, quantifizieren und lokalisieren zu können, helfen auch Wohnstandortsanalysen, in denen die Attraktivität alternativer Wegeketten gegenüber dem PKW abgeleitet werden können. Solche raumbezogenen Analysen der (Pendler)Verkehre zeigen auf, dass Geschäftsmodelle fallweise nur in Stadt-Umland-Kooperationen „aufgehen“ werden und ggf. einen Verbund von Mobilitätsstationen erfordern.

Nach dem Konzept eines „pulsierenden Corporate E-Carsharing“ kann diese bedarfsbezogene Verfügbarkeit in der Fläche erreicht werden, dass sowohl eigentümerübergreifend Fahrzeuge gepoolt und dynamisch disponiert werden können, als auch dass Fahrzeuge zu Geschäftszeiten von den Firmen und Behörden genutzt werden können und feierabends und wochenends privat in den Wohnquartieren/umliegenden Wohnorten bereitstehen.

  • Verkauf oder Verleih von Infrastruktur

Neben den Mobilitätsservices bestehen weitere Geschäftsmöglichkeiten in der Bereitstellung von (provisorischen) Ladepunkten, Solar-Rad-Abstellanlagen oder Mobilitätshubs an attraktiven Gewerbe-Standorten, Wohnquartieren oder Besucherdestinationen (POI). Hier können die kommunalen Betriebe verhindern, dass ineffiziente Insellösungen entstehen in dem sie die Mehrwerte schlüsselfertiger, ausgereifter, vernetzter Lösungen ausspielen.


Immobilienwirtschaft

Folgende Nutzenaspekte ergeben sich für die Wohngebäudewirtschaft aus der Entwicklung von Sharing-Angeboten:

  • Kostensenkung durch stellplatzreduziertes und damit günstigeres Bauen (Stellplatz-Schlüssel ist zu beachten, bzw. kann in Folge von Kooperationen zu BMM durch die Kommune abgesenkt werden) Bauen
  • Steigerung der Attraktivität der Immobilien
  • Stärkung der Finanzkraft der Mieter durch geringere Mobilitätskosten bzw. geringere Fixkostenbelas-tung
  • Vermeidung von Stellplatzüberkapazitäten in 10 - 20 Jahren (Mobilitätswende und autonomes Fahren wird Pkw Besitzquote reduzieren)
  • Weniger Ladeinfrastrukturbedarf für die Mieter.

Zur Umsetzung zeigen sich verschiedene Varianten für Wohnungsunternehmen :

  • B2B-Geschäftsbeziehungen zwischen Stadtwerken und Immobilienwirtschaft.

Diese beziehen sich sowohl auf die Mobilitätsdienste in den Quartieren als auch auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur (Betrieb durch die Stadtwerke, ggf. mit professionellen Partnern; Bereitstellung Stellplätze durch die Immobilienwirtschaft; Marketing gemeinsam durch Stadtwerke und Immobilienwirtschaft; Ggf. Subventionierung durch Immobilienwirtschaft für die eigenen Mieter)

  • Bereitstellen von Lastenrädern:

Dies kann speziell das Bereitstellen von Hausmeister-Lastenrädern aus einem städtischen Fahrradver-leihpool sein. Denn hier setzen Wohnungsunternehmen erste Schritte in ihrem eigenen Facility-Management Fahrräder einzusetzen, um sich effizient zwischen den Standorten zu bewegen. Diese könnten auch aus einem Corporate-Sharing stammen und außerhalb der Nutzungszeiten im Quartier auch z.B. Mietenden zur Verfügung gestellt werden.

  • Vorhalten von Sharing-Angeboten an Liegenschaft/im Quartier für Anwohner*innen und Dritte

Dies kann generell das Platzieren von Sharing-Stationen an den Quartieren bedeuten. Der Vorteil der Kooperation kann sein, dass die Wohnungsunternehmen die Angebote mitbewerben, bzw. für ihre Mietenden attraktive Tarife auflegen, bzw. Mindestkontingente exklusiv abnehmen und damit zur Nutzungsfrequenz der Sharing-Fahrzeuge beitragen.

  • Installation von Ladeinfrastruktur für Mietende und Besuchende

Im Zuge der fortschreitenden Elektrifizierung werden ausreichende Lademöglichkeiten an den Woh-nungen zum Standortvorteil. Auch hier kann in der Kooperation zwischen Wohnungswirtschaft und Stadtwerk eine effiziente Arbeitsteilung erfolgen, in dem auf der Stadtwerke-Seite die Ladeinfrastruktur errichtet, in das städtische smart-Charging-Konzept integriert (einheitliches Angebot in der Stadt, Buchung, Fahrstromlieferung, Abrechnung, Ladesteuerung zur Netzengpassvermeidung, ggf. Integration in Tarifgestaltung ÖPNV). Auf Seite des Wohnungsunternehmenskönnen Lade- und Sharing-Services als Mehrwert in attraktiven Tarifen den Mietenden angeboten werden (ggf. wirtschaftlicher ggü. Insellösung).