Überbetriebliche Zusammenarbeit

Aus Mobil Gewinnt WIKI
Version vom 30. März 2021, 17:00 Uhr von Annika Jeschke (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Als grundsätzliche Herausforderung ergibt sich, dass die Entschlossenheit für diese Koordination aufgebracht werden muss. Je komplexer die Fälle liegen um so zeitaufwändiger kann es werden. Damit alle Beteiligten mit dem notwendigen Engagement dabei sind, bedarf es eines professionell geführten ergebnisorientierten Prozessmanagements, eines gegenseitigen Verständnisses der Möglichkeiten und Interessen, eines guten Überblickes über die Handlungsspielräume und innovativer Lösungen (Best Practices).

Betrieb mit Kommune

In dieser Kooperation steht die Optimierung der Mitarbeitermobilität des betreffenden Betriebes im Mittelpunkt. Im Dialog mit der Kommune kann der Betrieb seine spezifischen Bedürfnisse (Anbindungsqualität Haltestellen Ladepunkte, neuralgische Verkehrsengpässe oder Sicherheitsprobleme, Anpassung der ÖPNV-Angebote etc.) verhandeln. Für die Kommune ergibt sich die Gelegenheit, dabei auch ihre verkehrsstrategischen Interessen einfließen zu lassen und mit dem Betrieb beiderseits nützlicher Kompromisse auszuhandeln. Voraussetzung für diesen Dialog sind entsprechende Kapazitäten auf beiden Seiten. Diese sind noch selten in Kommunen anzutreffen und werden bei Betrieben dann aufgebaut, wenn akuter Handlungsbedarf auftritt (z.B. Umzugssituationen). Lohnende Verhandlungsergebnisse können sein

  • Angepasster Stellplatz-Schlüssel bei aktiven BMM
  • Integration halböffentlicher Ladesäulen in städtische Konzepte
  • Verlegung von Haltestellen
  • Betrieb von Shuttle-Verkehren
  • Auflösung von Parkraumkonflikten mit Anwohnern
  • Zusammenarbeit mit Verkehrsverbund

Die meisten Kommunen sind für diesen Dialog personell und methodisch noch nicht hinreichend aufgestellt, weder in der Verkehrsplanung, noch in der Wirtschaftsförderung. Die Betriebe suchen ihrerseits das Gespräch mit der Gemeinde erst bei konkreten Notwendigkeiten (Klassische Anlässe sind Um- oder Neuansiedelungen) und erwarten in der Regel kaum, dass sie mit ihrem individuellen Anliegen Einfluss auf die Infrastruktur und Mobilitätsangebote nehmen können. Alternativ wird im Umkehrschluss oftmals erwartet, dass die Anbindung des betreffenden Gewerbegebietes ohne eigenes Zutun alle erwartbaren Mobilitätsangebote vorhält. Ein systematischer iterativer und regelmäßiger Abgleich und Austausch wird erst in wenigen Kommunen gepflegt. Selbst dort, wo große Städte Mobilitätsmanagementberatung vorhalten, wird diese erst zögerlich angenommen – teilweise auch aus der Doppelfunktion (Beratende UND genehmigende Rolle der Kommune).

Betrieb mit Nachbarbetrieben

Überbetriebliches Mobilitätsmanagement im Verbund mehrerer benachbarter Betriebe setzt auf den Vorteil der kritischen Masse. In der Regel geht eine solche Kooperation auf die Initiative von Leitbetrieben zurück. Ggf. gibt es bereits eine Organisation (Gewerbegebietsverein), die die Interessen wahrnimmt und vertritt. Gebündelte Bedarfe können wirkungsvoller bei der Kommune angebracht werden und die aggregierten Nachfragemengen nach vernetzter oder geteilter Mobilität ermöglichen bei den fraglichen Mobilitätsdienstleistern Planungssicherheit und mehr Aussicht auf Wirtschaftlichkeit und politische Akzeptanz hinsichtlich ÖPNV, Sharing und Mitfahrbörsen. Als verbindendes Kooperationsmotiv trägt die Aufwertung der Standortsattraktivität (Stichwort Mitarbeiterzufriedenheit und „competition for talents“).

Im Sinne einer gemeinsamen Gewerbegebietsentwicklung (Campus-Philosophie) ergeben sich durch Arbeitsteiligkeit und Pooling bereits Synergien

  • zur optimierten gemeinsamen Auslastung von Betriebsmitteln wie z.B. Büroflächen, Kantine, KiTa, Stellplätze, Fahrzeuge oder
  • Vermeidung von Überlastungen (Stichwort zeitliche und räumliche Entzerrung) wie Abstimmung von Schichtzeiten / Homeoffice sowie Entzerrung von Rushhour und Konflikte mit Güteranlieferung / Besucheranfahrten.

Betriebe, Kommune und Mobilitätsdienstleister im Verbund

Aus dem Zusammenwirken von betrieblichen Mobilitätsbedarfen und städtischen Interessen an einem diversifizierten und bedarfsgerechten multimodalen Verkehrsangebot können völlig neue öffentlich zu-gängliche Services entstehen, deren Realisierung durch neue oder bestehende Mobilitätsdienstleister / Verkehrsträger in die Hand genommen wird. Betriebe fungieren hierbei häufig als Piloten oder Schlüsselbedarfsträger, um neue Mobilitätsangebote (neue ÖPNV-Linien/-tarife/-Apps, Sharing-Angebote, Mobilitätshubs, lokale Jobrad-Netzwerke, Reparaturdienste, Intensivpartnerschaften etc.) auszuprobieren bzw. grundzufinanzieren. Kommunale Betriebe oder weitere dritte Mobilitätsdienstleister nutzen diese Planungssicherheit, um neue Geschäftsmodelle (Sharing) zu testen und sukzessive auf weitere Zielgruppen, Besucher, Mieter, Bürger etc. auszuweiten. Im Ergebnis profitieren alle Nutzer*innen in der Stadt, / Region oder Gemeinde von der Diversifizierung der Mobilitätspalette. Der Aufwand solcher Verständigungsprozesse ist nicht zu unterschätzen. Die Kommune übernimmt hierin eine wichtige strategische Lenkungsfunktion. Voraussetzungen sind

  • Klares Leitbild künftiger multimodaler Angebotsqualität und politischen Rückhalt
  • Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen
  • Identifizieren von Interessen verschiedener Stakeholder und Synergien
  • Zusammenführen von Wertschöpfungsketten und relevanter Akteure (intern, ggf. auch von außen bzgl. Wissenschaft, Beratung sowie Mobilitätsservice-Anbieter)
  • Disziplinierung der Akteure und professionelles Projektmanagement.