Fahrgemeinschaften bilden
Eine Fahrgemeinschaft ist eine Gruppe von zwei oder mehreren Personen, von denen eine mit dem eigenen Auto die anderen zum Arbeitsplatz oder auf eine Fahrt mitnimmt. Fahrgemeinschaften werden privat oder in Mitfahrportalen organisiert. Im Berufsverkehr liegt die durchschnittliche Auslastung von Pkw in Deutschland bei nur 1,1 Personen (zum Vergleich: im Personenverkehr insgesamt liegt sie bei 1,5 Personen). Das heißt: neun von zehn Pkw-Pendlern sitzen allein im Auto. Bereits eine Steigerung dieses Besetzungsgrades auf zwei Personen würde viele Belastungen des Pkw-Verkehrs für Betriebe, Beschäftigte und Kommunen beinahe halbieren. Gerade dort, wo das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel zu unattraktiv ist, sind Fahrgemeinschaften daher eine sehr ernst zu nehmende Option.
Wer die Bildung und Nutzung von Fahrgemeinschaften unterstützen will, muss – noch mehr als in anderen Handlungsfeldern des Mobilitätsmanagements – seine Zielgruppe kennen. Die Bedürfnisse können sich hier stark unterscheiden. Manche Beschäftigte legen Wert auf große Flexibilität. Für sie eigenen sich Smartphone-Apps, mit denen sie ganz spontan passende Mitfahrgelegenheiten finden können. Andere fühlen sich wohler in festen, verlässlichen Fahrgemeinschaften.
Inhaltsverzeichnis
Maßnahmen(bündel)
Online-Plattformen: hilfreich, aber nicht ausreichend
Es gibt heute viele Online-Angebote zur Vermittlung von Fahrgemeinschaften. In der Regel können Verkehrsteilnehmer dort Mitfahrgelegenheiten für bestimmte Strecken und Zeiten anbieten oder suchen und erhalten dann automatisch geeignete Vermittlungsvorschläge. Entscheidend für den Erfolg ist die Masse: Je mehr Beschäftigte an einem solchen System teilnehmen, umso höher ist die Chance, dass Nachfrage und Angebot zusammen passen. Ein geschlossenes System, das nur betriebsintern Kollegen berücksichtigt, macht bei einer Betriebsgröße unter tausend Beschäftigten kaum Sinn. Eine Lösung kann es sein, sich mit anderen Unternehmen am Standort zusammen zu tun. Vor allem aber ist es mit der bloßen Einrichtung des Online-Tools nicht getan: Bereits im Vorfeld sollte das Angebot intensiv beworben werden. Mitunter stellen Betriebe nach einiger Zeit fest, dass es kaum noch Fahrtangebote und -gesuche auf ihren Plattformen gibt. Das muss kein schlechtes Zeichen sein! Wer „seine“ Mitfahrer gefunden hat und mit ihnen eine stabile Fahrgemeinschaft bildet, der oder die ist nicht mehr aktiv im Matching-System.
Auch Low-Tech kann funktionieren
Es muss nicht immer gleich ein komplexes Tool im Intranet sein. In einem ersten Schritt können die Beschäftigten eingeladen werden, ihre Wohnstandorte auf einer Karte zu markieren – sei es im Intranet, im Foyer oder auch im Rahmen eines Mobilitäts-Aktionstags. Dies kann zunächst ganz anonym erfolgen. Bereits eine solche Visualisierung führt bei so manchem zu der überraschenden Erkenntnis, dass er oder sie Kollegen im Ort oder auf der Strecke hat. Bewährt haben sich auch so genannte Pendlerfrühstücke: Für die wichtigsten Wohnorte oder Fahrtstrecken wird dabei jeweils ein Tisch oder ein Bereich gekennzeichnet, an dem Interessierte zwanglos Kontakt aufnehmen können.
Übrigens: Auch symbolische Maßnahmen wie eine deutlich gekennzeichnete Reservierung eingangsnaher Stellplätze für Fahrgemeinschaften sind in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen!
Tipps und Tricks
Die Auswahl des "richtigen" Tools
Zwar können Fahrgemeinschaften - wie oben erwähnt - auch ohne technische Unterstützung gebildet werden. Mit zunehmender Digitalisierung der Arbeitsprozesse geht jedoch der Trend zu elektronischen Unterstützungssystemen. Die Auswahl ist nicht ganz einfach, da die Angebote unterschiedliche Stärken (und auch Schwächen) aufweisen. Betriebe sollten vorab konkretisieren,
- welche Ziele sie mit der Bildung der Fahrgemeinschaften verfolgen (z.B. Gespräch mit der Geschäftsführung),
- welche Interessen und Vorlieben ihre Mitarbeiter haben (z.B. durch eine Mitarbeiterbefragung)
- welche Potenziale für Fahrgemeinschaften in der Belegschaft vorhanden sind (z.B. durch Wohnstandortanalyse), und welche Potenziale sich in der Nachbarschaft erschließen ließen,
- welche Anforderungen sich aus der Arbeitsorganisation ergeben (feste oder flexible Arbeitszeiten)
- welcher Unterstützungsbedarf z.B. bei der internen Kommunikation und Bewerbung des Angebotes besteht.
Auf dieser Basis sollten die verschiedenen Angebote und Anbieter verglichen werden.
Tipp: Das Portal Utopia hat eine Übersicht mit Infos zu den 11 besten Fahrgemeinschafts-Apps und-Portalen erstellt. [1]
Rechtliches
Auch wenn die Mitnahme von Fahrgästen keinen gewerblichen Umfang annimmt und ohne Gewinnerzielungsabsicht geschieht, gibt es ein paar Punkte zu beachten. Grundsätzlich können sowohl Fahrer als auch Mitfahrer die Kilometerpauschale in Höhe von 30 Cent pro Kilometer steuerlich absetzen – Fahrer unbegrenzt, Mitfahrer bis zu einer Höhe von 4.500 Euro pro Jahr.
Bei wechselseitigen Fahrgemeinschaften, bei denen die Teilnehmer abwechselnd als Fahrer auftreten, bedeutet das: Für die Fahrten als Fahrer mit eigenem Fahrzeug gilt die unbegrenzte Entfernungs-Pauschale, für die Fahrten als Mitfahrer die begrenzte. Daher sollten stets alle Fahrten gut dokumentiert werden. Bei einseitigen Fahrgemeinschaften lassen sich die Fahrer oft eine Kostenbeteiligung von ihren Mitfahrern zahlen. Diese gilt steuerlich als Einnahme! Solche „sonstigen Einkünfte“ bleiben bis zu einer Höhe von 256 € pro Jahr steuerfrei. Wird diese Grenze überschritten, dann müssen sie komplett versteuert werden. Fährt der Fahrer einen Umweg für seine Mitfahrer, dann kann er pro Umwegkilometer 0,30 € und pro Mitfahrer 0,02 € von diesen Einnahmen abziehen. Beim Versicherungsschutz gilt, dass die Haftpflichtversicherung für alle Schäden der Insassen aufkommt. Allerdings ist eine unbegrenzte Deckungssumme empfehlenswert. Mitfahrer sollten am besten eine Haftungsbeschränkungserklärung unterzeichnen, entsprechende Vorlagen sind im Internet verfügbar.