Rahmenbedingungen des betrieblichen Mobilitätsmanagements: Unterschied zwischen den Versionen
(→Aktueller Stand und Ausblick) |
(→Tipps und Hinweise) |
||
Zeile 91: | Zeile 91: | ||
Wussten Sie, | Wussten Sie, | ||
− | * dass die ersten IHK-Fortbildungen zum betrieblichen Mobilitätsmanager 2018 innerhalb weniger Wochen ausgebucht | + | |
+ | * dass die ersten IHK-Fortbildungen zum betrieblichen Mobilitätsmanager 2018 innerhalb weniger Wochen ausgebucht sind? Das Interesse an der systematischen Beschäftigung mit Mobilitätsfragen ist gestiegen [https://www.mittelstand-energiewende.de/unsere-angebote/betrieblicher-mobilitaetsmanagerin-qualifizierung-fuer-mitarbeiter/]. | ||
* dass die meisten betrieblichen Mobilitätsberatungen in den Ballungsgebieten an Rhein und Ruhr, im Rhein-Main-Gebiet und im Großraum Stuttgart durchgeführt worden sind? | * dass die meisten betrieblichen Mobilitätsberatungen in den Ballungsgebieten an Rhein und Ruhr, im Rhein-Main-Gebiet und im Großraum Stuttgart durchgeführt worden sind? | ||
− | * | + | * dass viele Anbieter von Leasing-Diensträdern die Versteuerung übernehmen (dürfen), wenn die Mitarbeiter sich nach Ablauf der Leasinglaufzeit für den Erwerb des Fahrrades entscheiden? [https://www.jobrad.org/restwert.html] |
== Weitere Hilfestellungen == | == Weitere Hilfestellungen == |
Version vom 28. August 2018, 10:07 Uhr
Seit 2005 hat sich das betriebliche Mobilitätsmanagement zu einem bedarfsorientierten In-strument entwickelt, das die eher angebotsorientierten Disziplinen der Infrastrukturplanung und der technischen Innovationen ergänzt. In diesem Beitrag werden die Entwicklungslinien und der heutige Stand der Qualitätsstandards skizziert. Zudem werden die zentralen Heraus-forderungen zur Weiterentwicklung des betrieblichen Mobilitätsmanagements im Hinblick auf eine effektive Mobilitätswende in Deutschland beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung des betrieblichen Mobilitätsmanagements in Deutschland
Die Anfänge
Aufgrund der erheblichen Verkehrsprobleme in den Innenstädten wurden um 2005 in ver-schiedenen Städten erste Fallstudien zur Gestaltung des Berufsverkehrs erstellt (s. zum Beispiel Dresden/Planungsgruppe Nord [1]).
„effizient mobil“
2008 hat das Bundesumweltministerium unter der Federführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) mit "effizient mobil" das erste bundesweite Programm zur Durchführung von Beratungen von Betrieben und Einrichtungen aufgelegt. Anhand von knapp 100 Beispielen wurde ein Instrumentarium zur Analyse der Arbeitswege von Beschäftigten und zur Wir-kungsabschätzung der von den Beratern vorgeschlagenen Maßnahmen erprobt.[2] Die Auswertung der Beispiele ergab, dass es durch Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmana-gements möglich ist, jährlich etwa 200 Kilogramm CO2 pro Beschäftigten einzusparen. Dies entspricht einer Pkw-Fahrt (Benzin) von etwa 1000 Kilometern oder von Dortmund nach Ber-lin und zurück.
DEPOMM e.V.
Im Rahmen von "effizient mobil" hatten sich zahlreiche Akteure in den verschiedenen Regionen für das betriebliche Mobilitätsmanagement engagiert. Diese schlossen sich zur Förde-rung des Erfahrungsaustausches und zur gegenseitigen Unterstützung zum Verband DEPOMM e.V. zusammen, der seit 2016 als gemeinnützig anerkannt ist [3]. Im Rahmen der Verbandsarbeit bei der DEPOMM, wurden verschiedene Grundlagen des Mobilitätsmanage-ments erarbeitet, die für die fachlich-inhaltliche Weiterentwicklung des Mobilitätsmanage-ments von Bedeutung sind.
In einigen Regionen wurde das Instrumentarium unter der Bezeichnung "effizient mobil" weiterentwickelt (vor allem im Raum Rhein-Main [4]). In anderen Regionen wurden ähnliche Projektansätze unter anderen Bezeichnungen weiterverfolgt, u. a. in der Region Dortmund unter der Bezeichnung "Mobil.Pro.Fit." [5] sowie in München unter der Bezeichnung "Gscheid mobil" [6].
"Mobil.Pro.Fit."
Im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative hat das Bundesumweltministerium 2013-2016 die Unternehmensinitiative B.A.U.M. bei der Verbreitung des Mobil.Pro.Fit.-Ansatzes finanziell unterstützt. Das Mobil.Pro.Fit.-Konzept sieht eine regionale Netzwerkbildung in Kombination mit Beratung, Qualifizierung und Auszeichnung von Betrieben vor. In dem bun-desweiten Vorhaben beteiligten sich etwa 70 Betriebe in zehn Modellregionen. Im Unterschied zu früheren Ansätzen handelte es sich bei den erarbeiteten Konzepten nicht mehr um gutachterliche Vorschläge. Vielmehr erarbeiteten die Betriebe mit Unterstützung durch Berater und in einem regionalem Erfahrungsaustausch (überbetriebliche Workshops in Kooperation mit Kommunen und örtlichen Mobilitätsdienstleistern) ihre spezifischen Mobilitätsmaßnahmen, führten Wirkungsabschätzungen durch und veröffentlichten ihre Ergebnisse im Zuge einer regionalen Auszeichnung [7].
VDI-Richtlinie 5110 Blatt 1 (Qualifizierungsmerkmale für betriebliches Mobilitätsmanagement)
Mit dem Projektansatz „Mobil.Pro.Fit.“ regte das Bundesumweltministerium die Entwicklung einer VDI-Richtlinie zum betrieblichen Mobilitätsmanagement an. 2014 wurde deshalb von der VDI-Kommission zur Reinhaltung der Luft (KRdL) eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die fachlichen Grundlagen des betrieblichen Mobilitätsmanagements aufbereitet und eine Richt-linie mit Qualifizierungsmerkmalen für betriebliche Mobilitätsmanager erarbeitet hat. Diese liegt aktuell (Stand Juli 2018) im Gründruck vor und soll in Kürze verabschiedet werden [8].
Betriebliches Mobilitätsmanagement bei den Industrie- und Handelskammern
Das erste Mobil.Pro.Fit.-Projekt in Dortmund ist 2011 von der regionalen Industrie- und Han-delskammer (IHK) initiiert und unterstützt worden. Auch in anderen Regionen hatten Vertre-ter der regionalen IHKen verschiedene Mobilitätsinitiativen unterstützt oder sogar selbst angestoßen. 2013 griff der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) im Rahmen der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz (MIE) das Thema Mobilitätsmanagement auf. Zunächst wurde es in die Ausbildung von Energie-Scouts aufgenommen.[9] 2016 entwickelte der DIHK mit Unterstützung von Experten ein Curriculum für die Fortbildung von betrieblichen Mobilitätsmanagern [9]. Dieses wurde 2018 in verschiedenen Regionen in Deutschland erstmalig durchgeführt. 2017 veröffentlichte der DIHK eine Broschüre mit zahlreichen Best-Practice-Beispielen [10].
Ausbildungsgänge zum Mobilitätsmanager
Neben den Fortbildungsaktivitäten der Industrie- und Handelskammern gab und gibt es zahlreiche Initiativen zur Aus- und Weiterbildung von Personen zu Mobilitätsmanagern. Beispiele sind:
- Aus der Hochschullandschaft: Der 2016 eingeführte Bachelor-Studiengang "Mobilitätsmanagement B. Eng." an der Hochschule Rhein-Main [11]
- Für das Engagement der öffentlichen Hand: Der 2016 erstmalig angebotene Lehrgang zum betrieblichen Mobilitätsmanagement im Rahmen des Zukunftsnetzes Mobilität NRW [12]
- Für die Angebote privater Akteure: Das Seminar "Kommunales und Betriebliches Mobilitätsmanagement" der TeamRed MobilitätsAkademie [13]
"mobil gewinnt"
2017 haben das Bundesumweltministerium und das Bundesverkehrsministerium gemeinsam das Programm "mobil gewinnt" gestartet. Organisiert vom ACE Auto Club Europa e.V. und B.A.U.M. wurden in diesem Projekt folgende Bausteine umgesetzt, mit denen das betriebliche Mobilitätsmanagement in Deutschland bekannt gemacht werden sollte:
- Durchführung eines bundesweiten Wettbewerbs, Prämierung von 26 betrieblichen Mobi-litätskonzepten am 13. Dezember 2017 in Berlin und weitere Förderempfehlung im Rah-men des ersten Aufrufs der Förderrichtlinie des BMVI zum betrieblichen Mobilitätsma-nagement,
- Durchführung von 300 Erstberatungen zum betrieblichen Mobilitätsmanagement,
- Durchführung von fünf regionalen Netzwerkkonferenzen im Frühjahr 2018,
- Erstellung einer Broschüre mit über 20 Beispielen guter Praxis,
- Erstellung eines Leitfadens zum betrieblichen Mobilitätsmanagement, der in Form dieses WIKI publiziert worden ist,
- Allgemeine Öffentlichkeitsarbeit (unter anderem Internetseite www.mobil-gewinnt.de, Produktion von Filmen mit Beispielen guter Praxis)[Link einfügen),
- Evaluation der prämierten Konzepte und durchgeführten Mobilitätsberatungen zur Wei-terentwicklung des Instrumentariums.
Die Initiative „mobil gewinnt“ endete im September 2018.
Aktueller Stand und Ausblick
Etablierung eines Qualitätsstandards für die Beratung und eines Qualifizierungsprofils an Fachleute
Seit 2005 sind die fachlich-inhaltlichen Grundlagen erarbeitet worden, um bundesweit Bera-tungs- und Qualifizierungsangebote für das betriebliche Mobilitätsmanagement nach ein-heitlichen Qualitätsstandards umsetzen zu können. Die Anzahl der Fachleute, die sich mit dem betrieblichen Mobilitätsmanagement auseinandersetzen und dieses befördern, nimmt zu.
Entwicklung in Kommunen
Die Kommunen stehen bereits seit längerem im Fokus der Verkehrswende. Sie werden auch künftig ein zentraler Akteur im Verkehrsbereich sein. Zunehmend werden Angebote und Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements in die kommunalen Mobilitätskon-zepte integriert, sowohl im Hinblick auf die Weiterentwicklung der eigenen Organisation ("Nachhaltige Verwaltung") als auch im Hinblick auf die Einbeziehung der örtlichen Wirt-schaftsbetriebe in die Mobilitätsstrategien [14].
Entwicklung in den Betrieben
Die Bedeutung des Mobilitätsmanagements nimmt in den Unternehmen stetig zu. Der Man-gel an Fachkräften, die Entwicklung der Elektromobilität (bzw. anderer Alternativen zur Nut-zung fossiler Treibstoffe) sowie das wachsende Interesse in der Belegschaft werden zu zahl-reichen betrieblichen Initiativen führen, mit denen das betriebliche Mobilitätsmanagement in der Wirtschaft zum Standard wird.
Hemmende Faktoren
In bisherigen Projekten wurde deutlich, dass die Wirkung von Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements in hohem Maße von Rahmenbedingungen abhängig ist, die von den Betrieben selbst nur wenig beeinflusst werden können.
- Infrastrukturelle und räumliche Rahmenbedingungen: In vielen Regionen Deutschlands ist der öffentliche Verkehr keine Alternative zum Pkw. In gebirgigen Regionen stößt die Nutzung des Fahrrades an Grenzen (auch wenn mit Pedelecs mittlerweile eine wirksame Unterstützung bei Bergfahrten möglich ist). Gerade zu den Stoßzeiten des Verkehrs sind alle Verkehrsträger überlastet, so dass vor allem in den Städten Verlagerungen, ohne einen Ausbau des Angebotes, auf Schwierigkeiten stoßen.
- Rechtliche Rahmenbedingungen: Alternative Konzepte, mit denen die Alleinfahrten im Pkw reduziert und umweltfreundliche Verkehrsmittel gestärkt werden sollen, haben im Steuer-, Verkehrs-, Arbeits- und Tarif-Recht mit Problemen zu kämpfen. Beispiele sind die rechtlichen Anforderungen bei der Einführung von Home Office-Regelungen sowie umweltfreundlicher Verkehrsmittel.
- Fehlende Kooperation: Kritische Massen, um neue Mobilitätsangebote wirtschaftlich zu machen, sind häufig von einem mittelständischen Betrieb nur in Allianzen mobilisierbar: Das heißt, dass durchgreifende Verbesserungen der Mobilitätssituation an Gewerbe-standorten fallweise nicht im Alleingang, sondern erst durch überbetriebliche Kooperati-onen mit den Nachbarbetrieben und der Kommune/Region nachhaltig erzielt werden.
Nachhaltige Mobilität als Teil der Verkehrswende
Nachhaltige Mobilität bedeutet: Sicherung und Erhalt der Mobilität von Personen und Gütern ohne Belastung von Mensch und Umwelt [15]. Im Hinblick auf dieses Ziel klaffen Anspruch und Wirklichkeit aktuell weit auseinander. Die Fachwelt ist sich einig, dass Mobilitätsma-nagement das Potenzial hat, die aktuell drängenden verkehrspolitischen Probleme abzumil-dern. Dafür wird es aber sinnvoll in eine integrierte Verkehrsplanung und -politik eingebunden werden müssen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsarbeit, die vom Bundesforschungsministerium in den Jahren 2015 bis 2017 gefördert worden ist [16]. Unter dem Titel "Mobilitätsmanagement in Deutschland – Möglichkeiten und Grenzen verkehrspolitischer Gestaltung am Beispiel Mobilitätsmanagement" haben die Autoren die Gründe für die derzeitige Situation analysiert und konkrete Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Akteure ausgearbeitet. Das Strategiekonzept für ein erfolgreiches Mobilitätsmanagement sieht ein Fünf-Phasenmodell vor, mit dem das Mobilitätsmanagement systematisch weiterentwickelt werden sollte.
Die Phase 1 (Standardisierung und Qualifizierung) dürfte bereits einen guten Entwicklungsstand erreicht haben.
In Phase 2 (Schaffung übergeordneter Rahmenbedingungen) ist noch nicht erkennbar, wie sich das Mobilitätsmanagement in die politischen Zielsysteme einsortieren wird. Die o.g. Hemmnisse deuten jedenfalls auf großen Handlungsbedarf hin.
Auch Phase 3 (Entwicklung von zielorientierten Förderansätzen) steckt noch in den Kinderschuhen. Zwar gibt es erste Ansätze zur Unterstützung und Förderung, bei denen aber noch die Zielorientierung fehlt.
Phase 4 (Wettbewerbsmodell für deutsche Kommunen und Unternehmen) findet dann wieder auf der Feldebene statt. Hier gibt es – wie in verschiedenen Kapiteln dargelegt – viele engagierte Kräfte, die sich aber an vielen Stellen verausgaben, da die Rahmenbedingungen für ein systematisches und effektives betriebliches Mobilitätsmanagement Probleme bereiten.
In Phase 5 (Systematisches Mobilitätsmanagement als Teil einer integrierten Verkehrsplanung) entwickeln sich übergeordnete Zielvorstellungen, Steuerungs- und Unterstützungsme-chanismen sowie Maßnahmen auf der Feldebene gemeinsam und aufeinander abgestimmt weiter. Nur so wird es möglich sein, das systematische Mobilitätsmanagement dauerhaft zu verstetigen. Derzeit ergreifen die Kommunen das Instrument des Mobilitätsmanagements eher situativ, zum Beispiel um lokalen Emissionsthemen akut zu begegnen oder aufgrund angebotener Förderung im Rahmen der Klimaschutzinitiative. Einen verbindlichen Platz (rechtlich oder prozessual) im Zuge integrierter Verkehrsplanung hat dies „weiche“ Instru-ment des Mobilitätsmanagement noch nicht.
Tipps und Hinweise
Wussten Sie,
- dass die ersten IHK-Fortbildungen zum betrieblichen Mobilitätsmanager 2018 innerhalb weniger Wochen ausgebucht sind? Das Interesse an der systematischen Beschäftigung mit Mobilitätsfragen ist gestiegen [17].
- dass die meisten betrieblichen Mobilitätsberatungen in den Ballungsgebieten an Rhein und Ruhr, im Rhein-Main-Gebiet und im Großraum Stuttgart durchgeführt worden sind?
- dass viele Anbieter von Leasing-Diensträdern die Versteuerung übernehmen (dürfen), wenn die Mitarbeiter sich nach Ablauf der Leasinglaufzeit für den Erwerb des Fahrrades entscheiden? [18]
Weitere Hilfestellungen
Quellen und Links: